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President’s speech | Festrede des EKV-Präsidenten

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[DE] Anlässlich des 14. Stiftungsfests einer veehrlichen KAV Merkenstein Wien in der Freien Kurie im EKV durfte unser EKV-Präsident René im Rahmen seiner Festrede das Zusammenspiel zwischen Christentum und unserem Kontinent Europa zusammenfassen. Im Folgenden ist die Abschrift seiner Rede zu lesen:

Hohes Festpräsidium!
Festlich versammelte Corona!
Könnt ihr euch noch erinnern? Dieses Gefühl der Aufregung? Diese Spannung auf dem Rücksitz von Papas Auto? Viele von uns haben sicher noch ihre Erinnerung an den ersten Familienurlaub. In meinem Fall war es vor 20 Jahren eine Reise mit Vater, Mutter und jüngerem Bruder zum Plattensee nach Ungarn. Damals musste mein Vater alles vor der Reise akribisch planen: Wie ist der Forint-Wechselkurs?  Sind unsere Pässe abgelaufen? Und was sind die besten Straßenkarten für Region? So kam ich zu meinem ersten Europa-Erlebnis.

Doch lasst mich die Frage stellen: Was ist Europa? Wo fängt es an? Wo hört es auf?
Dies sind auch immer wieder sehr politisch aktuelle Fragen. Aber warum tun wir uns in der Beantwortung dieser Fragen eigentlich so schwer? Nun, wenn man nichts weiß, schlägt man es nach. Heutzutage schaut man auf die Homepage, die alle Antworten hat, namens Wikipedia. Dort steht für Europa folgende sperrige Definition drinnen:
„Europa ist ein Erdteil, der sich über das westliche Fünftel der eurasischen Landmasse erstreckt. Obwohl es geographisch gesehen ein Subkontinent ist, der mit Asien zusammen den Kontinent Eurasien bildet, wird es historisch und kulturell begründet meist als eigenständiger Kontinent betrachtet. Dies verweist darauf, dass sich der Begriff „Europa“ nicht in der geographischen Definition erschöpft, sondern sich auch auf historische, kulturelle, politische, wirtschaftliche, rechtliche, ideelle und Identitäts-Aspekte bezieht.“1

Ich finde das hochinteressant. Geographisch und geologisch sind wir gar kein Kontinent. Und dennoch würden wir Beijing, Bagdad oder Mumbai nie als europäische Städte bezeichnen, obwohl sie sich auf dem selben Kontinent, wie Paris, Barcelona oder Wien, befinden. Was ist es, dass Europa europäisch macht? Was haben wir Europäer alle gemeinsam?
Dabei ist es so offensichtlich: In jedem noch so kleinen Dorf und in jeder noch so riesigen Metropole steht im Zentrum eine Kapelle, Kirche oder Kathedrale. Sie zählen zu unseren berühmtesten Bauwerken: Notre Dame, La Sagrada Familia oder der Stephansdom.

So ist es auch keine Überraschung, dass nach den zwei Weltkriegen überzeugte Christen die Väter Europas wurden. Kbr. Robert Schuman (Unitas) und Kbr. Konrad Adenauer (KV) hoben 1951 die spätere Europäische Gemeinschaft aus der Taufe. Auch die Europafahne zeugt von diesem Erbe. Je nachdem wem der zwei Designer man Glauben schenken möchte, beziehen sich doch beide auf eine christliche Eingebung: Der Eine ließ sich von der Offenbarung des Johannes, der andere von einer Marien-Statue mit Heiligenschein mit 12 Sterne inspirieren. So oder so ist die 12 eine heilige Zahl. Ließt man heute auf der offiziellen Homepage der Europäischen Union die Bedeutung der Flagge nach, steht dort plump: „Sie zeigt einen Kreis aus zwölf goldenen Sternen auf blauem Hintergrund. Die Sterne stehen für die Werte Einheit, Solidarität und Harmonie zwischen den Völkern Europas.“2
Wie bitte? Kein Wort über ihre christliche Geschichte oder ihre christliche Vorbilder? Generell tuen sich die Europäischen Institutionen mit dem Christentum schwer. So stellt 2007 unsere Kartellbruder, der heilige Vater emeritus Benedikt XVI., vor der Kommission der europäischen Bischofskonferenzen fest:
„Wenn die Regierungen der Union anlässlich des 50. Jahrestages der Römischen Verträge sich ihren Bürgern »annähern« wollen – wie könnten sie ein so wesentliches Element der europäischen Identität wie das Christentum ausschließen, mit dem sich eine große Mehrheit der Bürger weiterhin identifiziert? Ist es nicht Grund zur Überraschung, dass das heutige Europa einerseits danach strebt, sich als eine Wertegemeinschaft darzustellen, andererseits aber immer öfter zu bestreiten scheint, dass es universale und absolute Werte gibt? Führt diese einzigartige Form der Abwendung von sich selbst, noch bevor sie Abwendung von Gott ist, Europa vielleicht nicht dazu, an der eigenen Identität zu zweifeln?“4

Ich möchte ein zweites Beispiel anführen, welches die Komplexität zwischen unserem Europa und unserem Glauben vielleicht umfassender aufzeigt: Vielleicht habt ihr es schon bemerkt; Jedes Euro-Land darf einmal im Jahr unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten der Eurostaaten eine eigene 2-Euro-Gedenkmünze herausbringen. So machten auch unsere Nachbarn, die Slowakei, von diesem Recht 2013 gebrauch und gestalteten eine Münze anlässlich des 1150. Jahrestags der Ankunft der Mission von Hl. Konstantin und Hl. Method in Großmähren. Dieses Ereignis war ein wichtiger Schritt zu Christianisierung der Region und die Münzrückseite zeigt die zwei Heiligen mit Kreuz und Heiligenschein. Kaum war der Vorschlag bei der Europäischen Kommission eingebracht, überschlugen sich die katholischen Medien vor Kritik, da die Kommission den Vorschlag ablehnte und die Slowakei aufforderte die Heiligenscheine zu entfernen. Wie so oft wurde auch hier kein differenziertes Bild des Sachverhalts übermittelt und die „böse EU“ war wieder an allem Schuld. Im Fall der Münze legte aber nicht die Kommission selbst, sondern zwei Mitgliedsstaaten ein Veto gegen das Design ein, was in den Verträgen ihr zugeschriebenes Recht ist, da die Münze im gesamten Euroraum verwendet wird. Auf der einen Seite protestierte nämlich Griechenland, welches die zwei Heiligen als ihr Kulturerbe ansehen und auf der anderen Seite hatte Frankreich ein Problem mit ihrer viel geliebten Trennung zwischen Kirche und Staat, wenn zwei Heilige auf ihrer offiziellen Währung zu sehen sind.
Dies zeigt wunderschön, dass unser Europa zwar aus Christen, aber aus vielen verschiedenen Christen besteht. Sie alle haben eine unterschiedliche Auffassungen und Meinungen, auch wenn sie die gleichen Grundwerte teilen.

Wenn ich einen Fuß vor die Tür setzte bin ich in meiner Stadt. Wenn ich etwas weiter gehe bin ich in meinem Bundesland. Wenn ich dies Verlasse bin ich in meinem Österreich. Und wenn ich das verlasse, bin ich in Europa. Das obige Beispiel zeigt auch, dass diese Aussage schon lange nicht mehr stimmt. Europa ist mitten in unseren Städten angekommen: egal ob es die Pflegerin aus Rumänien ist, die sich um den bettlägerigen Opa kümmert, oder der Spanier in der IT-Abteilung meiner Firma. Jeder einzelne von uns und wir alle gemeinsam sind Europa. Das bedeutet auch, dass wir es sind, die für unsere Werte, unsere Religionsfreiheit und für christliche Nächstenliebe in Europa kämpfen müssen.

Das erinnert mich wieder an meinen Ungarn-Urlaub mit damals geschlagenen 7 Stunden Wartezeit an der Österreich-Ungarischen Grenze. Das ist ein Wort, welches schon vor Jahren fast ausgestorben war: „Grenzwartezeit“. Wie christliches ist es Hilfsbedürftige mit einem Zaun in einen Vorraum auszusperren? Fühlt sich jeder von uns Wohl dabei, zu einem katholischen Thema auf Facebook Stellung zu beziehen? Können wir ohne Ausgrenzung christliche Werte verteidigen? Kann man in der Öffentlichkeit sich gegen Abtreibung positionieren oder zumindest eine Diskussion anregen, ohne gleich als „Ewiggestriger“ oder „Antifeminist“ abgestempelt zu werden? Können wir als Katholiken unsere Meinungsfreiheit in vollen Zügen ausleben?

Hier sehen wir, dass nicht nur Christ sein, sondern auch Demokratie, Meinungsfreiheit und Europa gelernt sein mag. Daher bin ich dankbar, dass es katholische Verbindungen, wie die KAV Merkenstein, gibt, welche ihren Mitgliedern genau diese drei essentielle Dinge nicht nur beibringen, sondern auch tag täglich gemeinsam erleben lassen. Bitte hört nie auf diese Werte zu verbreiten und von Generation zu Generation weiterzugeben, so dass jeder ein verantwortungsvoller christlicher Europäer wird. Unsere Religion lehrt uns, dass es immer Hoffnung auf Besserung gibt. Auch die Slowakei durfte schlussendlich Ihre Münze mit Heiligenschein prägen, wenn auch mit 6 Monate Verspätung.

Bitte hört nie auf an euch und unser Europa zu glauben! „Europa ist gesünder als viele glauben. Die echte Krankheit Europas sind seine Pessimisten.!“ – Jacques Delors
Vivat, crescat, floreat KAV Merkenstein ad multos annos!

– EKV-Präsident Rene H. Reich, Wien am 04. Nov. 2017


[EN] On the occasion of the 14th anniversary of the KAV Merkenstein Wien in the Free Curia of the EKV, our EKV president René was able to summarize the interaction between Christianity and our continent Europe as part of his commemorative speech. The following is the transcript of his speech:

Dear chair,
Dear ceremony guests,
Can you still remember? This feeling of excitement? This tension in the back seat of daddy’s car? I am sure, many of us still remember their first family vacation. In my case it was a trip with father, mother and my younger brother to the lake Balaton in Hungary 20 years ago. At that time, my father had to plan everything meticulously before the trip: What is the exchange rate of the Forint? Have our passports expired? And what are the best road maps for the region? That is how I came to my first European experience.

But let me ask you the question: what is Europe? Where does it start? Where does it end?
These are very politically topics again and again. But why are we actually struggling to answer these questions? Well, if you do not know anything, you have to look it up. Nowadays you look up all the answers at the homepage that has them all, called Wikipedia. There is the following bulky definition for Europe:
„Europe is a continent that stretches across the western fifth of the Eurasian land mass. Although it is geographically a subcontinent that forms the continent of Eurasia together with Asia, it is considered historically and culturally justified mostly as an independent continent. This points to the fact that the term „Europe“ is not exhausted in the geographical definition, but also refers to historical, cultural, political, economic, legal, ideal and identity aspects.“1

I think that is very interesting. We are not a continent geographically and geologically. And yet we would never call Beijing, Baghdad, or Mumbai European cities, even though they are on the same continent as Paris, Barcelona, ​​or Vienna. What is it that makes Europe European? What do we Europeans all have in common?
It is so obvious: in every small village and in every huge metropolis there is a chapel, church or cathedral in its center. They are among our most famous buildings: Notre Dame, La Sagrada Familia or St. Stephen’s Cathedral.

So it is not a surprise that after the two world wars convinced Christians became the fathers of Europe: Robert Schuman (Unitas) and Konrad Adenauer (KV) launched the later European Community in 1951. The European flag also shows witness to this heritage. Depending who of the two designers you want to believe, both refer to a Christian inspiration: the one was inspired by the Book of Revelation, the other was inspired by a statue of the Virgin Mary with 12-star halo. Either way, the 12 is a holy number. If you read the symbolism of the flag on the official homepage of the European Union today, it is plump: „It features a circle of 12 gold stars on a blue background. They stand for the ideals of unity, solidarity and harmony among the peoples of Europe.“3
I beg your pardon? Not a word about its Christian history or its Christian role models? In general, the European institutions are having a hard time with Christianity. In 2007 our the holy father emeritus Benedict XVI, states in front of the Commission of European Episcopal Conferences:
„If, for the Fiftieth Anniversary of the Treaty of Rome, the Governments of the Union wish to „get nearer“ to their citizens, how can they exclude an element essential to European identity such as Christianity, with which a vast majority of citizens continue to identify? Is it not surprising that today’s Europe, while aspiring to be regarded as a community of values, seems ever more often to deny the very existence of universal and absolute values? Does not this unique form of „apostasy“ from itself, even more than its apostasy from God, lead Europe to doubt its own identity?“5

I would like to show a second example that perhaps illustrates the complexity between our Europe and our religion better:
Perhaps you have already noticed; Every Euro-country may issue its own 2-euro commemorative coin once a year, taking into account the rules of the Euro States. So did our neighbors, Slovakia, use this right in 2013 and designed a coin for the occasion 1150 years from the Byzantine Advent of St. Cyrillus and St. Methodius in Great Moravia. This occasion was an important step towards christianization of the region and the reverse of the coin shows the two saints with cross and halo. In the moment the proposal has been submitted to the European Commission, the Catholic media overreact with criticism. The Commission rejected the proposal and asked Slovakia to remove the halos. As so often, no differentiated picture of the facts was transmitted in the media and the „bad EU“ was again to blame for everything. In the case of this coin, however, it was not the Commission itself, but two Member States that vetoed the design, which is their right due to the treaties, since the coin is used throughout the euro area. On the one hand, Greece protested, because they considered the two saints as their cultural heritage. On the other hand, France had a problem with their beloved separation between church and state when two saints are seen in their official currency.
This example shows that our Europe is made up of Christians, but many different Christians. They all have different minds and opinions, even if they share the same basic values.

If I set a feet out of my door, I am in my city. If I go a bit further, I am in my county. If I leave this, I am in my country. And if I leave that, I am in Europe. The above example also shows that this statement is not longer true. Europe has arrived in the middle of our cities: no matter if it is the carer from Romania, who looks after the bedridden grandfather, or the guy from Spain in the IT department of my company. Every one of us and we all together are Europe. It also means, it is on us to fight for our values, for our religious freedom and for Christian charity in Europe.

This reminds me again to my holiday in Hungary with the annoying 7 hours waiting at the Austro-Hungarian border then. These are a words that were almost extinct years ago: „Border Wait Times“. How Christian is it to shut out those who need help with a fence in an anteroom? Does everyone feel comfortable commenting on a Catholic topic on Facebook? Can we defend Christian values ​​without exclusion? Is it possible to position oneself against abortion in public or at least to stimulate a discussion without immediately being labeled as „outdated“ or „anti-feminist“? Can we as Catholics live out our freedom of expression to the fullest?

Here we see that not only being a Christian, but also democracy, freedom of expression and Europe may be learned. Therefore, I am grateful that there are Catholic fraternities, such as the KAV Merkenstein, which not only teach their members these three essential things, but let experience them everyday. Please never stop spreading these values ​​and passing them on from generation to generation, so that everyone becomes a responsible Christian European. Our religion teaches us that there is always hope for improvement. Also Slovakia was finally able to mint their coin with halo, even if it was delayed by 6 months.

Please never stop believing in yourself and in our Europe! „Europe is healthier than many believe. The real disease of Europe is its pessimists! „- Jacques Delors
Vivat, crescat, floreat KAV Merkenstein ad multos annos!

– EKV president Rene H. Reich, Vienna on 04.Nov.2017


1 https://de.wikipedia.org/wiki/Europa (visited on 09.11.2017 at 15:34, own translation)
2 https://europa.eu/european-union/about-eu/symbols/flag_de (visited on 09.11.2017 at 15:58)
3 https://europa.eu/european-union/about-eu/symbols/flag_en (visited on 09.11.2017 at 16:04)
4 http://w2.vatican.va/content/benedict-xvi/de/speeches/2007/march/documents/hf_ben-xvi_spe_20070324_comece.html (visited on 09.11.2017 at 16:22)
5 http://w2.vatican.va/content/benedict-xvi/en/speeches/2007/march/documents/hf_ben-xvi_spe_20070324_comece.html (visited on 09.11.2017 at 16:25)

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